Karnevalsandacht im Februar 2024
Liebe Gemeinde,
die närrische Zeit hat schon längst wieder begonnen. Karneval und Fasching treiben auf die Höhepunkte Weiberfastnacht und Rosenmontag zu. Eigentlich bin ich als Norddeutscher ein „Karnevalsmuffel“. Aber der Faszination und der Begeisterung zu Karneval kann auch ich mich nicht entziehen.
Als was haben Sie sich vor kurzem oder vor langen Jahren verkleidet? Der Geschmack der Kostüme verändert sich über die Jahre. Aber so verschiedene Kostüme bleiben Pirat, Prinzessin, Fee oder Zauberer.
Zur Karnevalszeit können wir uns kostümieren und sein, wer immer wir sein wollen. Der Karneval gibt uns ein Stück „Narrenfreiheit“, mit einem zwinkernden Auge unbekannte Seiten an uns freizulegen. Wir verkleiden uns eigentlich gar nicht, sondern legen unsere unbekannten Seiten offen: Ein Stück Abenteuerlust als Pirat, viel Humor als Clown oder als Zauberer, der mit einem Zauberstab eben einmal die Welt verändern kann. Mit Clownsnase, Perücke oder Zauberstab bin ich vielleicht oft, der ich gerne sein möchte.
Karneval ist ein ganz kleiner Augenblick von Gottes Blick auf jede und jeden von uns, ein ganz unverstellter Blick hinter die Fassade, auf alte heimliche Träume, versteckte Wünsche und vielleicht sogar Sehnsüchte, die wir so gern verstecken.
An Karneval dürfen wir einen Blick erhaschen, wie Gott die Menschen sieht, so wie er sie geschaffen hat. Mit all unseren Schwächen und Stärken, unterschiedlichen Mentalitäten und Veranlagungen. Gott kennt uns mit und ohne Maske! Er schaut auf unser Herz, Gefühl und Verstand. Vor ihm können uns nicht verstecken, ihm nichts vormachen.
Auch an Karneval dürfen wir Gottes Gesicht sehen, sein Antlitz, ein Gesicht voller Liebe und Erbarmen – für alle Menschen. Wenn wir Karneval feiern, dürfen wir unsere inneren und äußeren Masken ablegen und ehrlich und unbeschwert das Leben feiern mit allem, was uns Freunde macht. Gott feiert in den Tagen das Leben mit uns.
Am Aschermittwoch ist es bekanntlich wieder mit dem Karneval vorbei. Der Aschermittwoch schafft nach den tollen Tagen schon ein wenig Tristesse bei vielen Karnevalisten. Die Verkleidung ist ablegt; wir sind nicht mehr Stadtsoldat, nicht mehr Prinzessin, Zauberer oder gute Fee. Der Aschermittwoch ist wieder die Normalität. Vor Gott brauchen wir unsere seelischen Narben sich zu verstecken, unsere Enttäuschungen und Verletzungen. Ungeschminkt sozusagen können wir Gott begegnen.
An Karneval schließt sich die Passionszeit an. Sozusagen das Gegenteil vom Karneval und Fasching: Eine ernste und nachdenkliche Zeit. Eine traditionelle einschneidende Stimmungswende für Christinnen und Christen um 180 Grad. Wie gut ist es, dass Jesus unser Retter und Freund ist: Unser Fürsprecher bei Gott. In der Passionszeit fragen wir uns, wo stehen wir und wo wir hinwollen.
Im 139. Psalm heißt es: Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten. Vor Gott brauchen wir nicht zu fliehen und uns zu verstecken. In der Passionszeit dürfen wir Gott begegnen, Vertrauen wagen, auch mit unseren nicht so perfekten und dunklen Seiten. Nach dem Augenzwinkern im Karneval kommen wir Gott auf einer anderen Spur näher in Ernsthaftigkeit und Stille. Wie gut, dass uns Gott so wunderbar gemacht hat, uns fröhliche und heitere Stunden schenkt und wiederum uns ernsthaft stimmt. Ihnen allen wünsche ich eine erfüllte Zeit der Passion. So sei es! Amen!
Ihr Karsten Matthis, Pfarrer