Jahreslosung 2023: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“
Die Jahreslosung 2023 in Genesis 16, 13 spiegelt einen Konflikt zwischen zwei Frauen wider: Sarah, die Frau Abrahams, und Hagar, die ägyptische Magd, waren in Streit geraten. Abraham hatte sich die Sklavin Hagar zur Zweitfrau genommen, da ihm Sarah zunächst keinen Sohn gebar. Der ersehnte Stammhalter Issak kam erst später zur Welt. Zwischen den beiden Frauen entlädt sich ein schwer Konflikt, weil sich die beiden nicht gegenseitig achten und respektieren. Eifersucht prägt ihr Verhältnis. Die Haltung Abrahams ist enttäuschend: Er vermittelt nicht zwischen den Frauen und hält sich aus dem Streit heraus, vielmehr sagt er zu Sarah: Siehe deine Magd ist unter deiner Gewalt, tu mit ihr, wie es dir gefällt.
In dieser Situation entschloss sich Hagar zur Flucht, weil sie die Willkür ihrer Herrin Sarah fürchtet. Doch Gott begleitet sie auf ihrer gefährlichen Flucht. Er stellt sich an die Seite einer Frau, die von ihrer Herrin gedemütigt und herabgesetzt wird. Sklavinnen hatten einen schweren Stand in den damaligen Großfamilien und mussten um ihre Anerkennung kämpfen.
An einer Quelle mitten in der Wüste begegnet Hagar dem Engel des Herrn. Der Engel ermutigt sie zur Rückkehr in die Familie Abrahams. Ihr Sohn Ismael soll bei seinem Vater Abraham aufwachsen. Gott hat ihre Not und Verzweiflung erkannt und lässt sie durch den Engel wissen, dass ihr Sohn Ismael einmal eine wichtige Persönlichkeit werden wird. Ein „wilder Mensch“, ein streitbarer Mann, wird er sein, der mit seinen Brüdern im Lande Abrahams wohnen wird.
Hagar macht die glückliche Erfahrung, dass sie auch in der Wüste, in der lebensfeindlichen Einsamkeit, nicht allein ist. Dass Gott seine Boten, seine Engel schicken kann, um Menschen zu retten. Hagar dankt dem Gott Israels und ruft ihn bei seinem Namen an und bekennt sich zu ihm mit den Worten: Du bist ein Gott, der mich sieht. Welch ein starkes Vertrauen spricht aus diesen Worten. Hagar bekennt: Gott ist ein menschenfreundlicher Gott, der Menschen zu sich zieht und sich an ihre Seite stellt. Gott sieht Hagar in ihrer Not und lässt sie nicht im Stich.
Dass Gott uns Menschen im Blick hat, ist ein tröstlicher Gedanke. Dies ist eine Hoffnung stiftende Perspektive für unser gesamtes Leben. Gott schenkt uns vertrauensvoll Freiraum, stellt unsere Füße auf einen weiten Raum. Der Gott des Lebens wendet sich uns zu. Er sieht auf uns Menschen eben gerade dann, wenn wir vermuten, dass uns niemand beisteht. Er schaut liebevoll auf uns und begleitet uns. Gott ist ein Freund des Lebens!
Amen.
Pfarrer Karsten Matthis